¡Feliz Navidad!
Weihnachten
in Mexiko
In
diesem Jahr verbrachte ich das erste Mal in meinem Leben Weihnachten
in einer komplett verschiedenen Umgebung, ohne meine Familie. Sowohl
die Adventszeit, als auch Heiligabend haben sich demnach ein wenig
anders abgespielt als ich es sonst gewohnt war. Mein Fazit? Es hat
mir sehr gefallen!
Adventszeit
ohne Kalender!?
Schon
bevor der Dezember überhaupt anfing, hatte ich mir bereits die
ersten Gedanken gemacht, wie ich diese Zeit erleben würde. Zwar wird
in Mexiko genauso wie in Deutschland Weihnachten gefeiert, dennoch
gibt es einige kulturelle Unterschiede. Zum Einen sind
Adventskalender, die in keinem deutschen Haushalt fehlen dürfen,
hier sehr unüblich. Kaum einer der Landsleute hat bislang davon
gehört.
Demnach
war ich eingangs etwas „traurig“, in diesem Jahr nicht jeden
Morgen ein Türchen mit einem kleinen Geschenk öffnen zu können.
Doch
zu meiner Überraschung bekam ich gleich zwei Kalender geschenkt.
Einen hatte mir Sandra, eine Freundin aus Orizabita, überreicht,
nachdem wir in einem Laden mit internationalen Lebensmitteln
einkaufen waren und den zweiten hatten wir einige Jugendliche
gebastelt. Ich war sehr glücklich, als sie ihn mir brachten, da ich
nicht damit gerechnet hätte. Zudem sah man dem Kalender an, dass er
mit viel Liebe und Mühe zusammengestellt wurde.
So
freute ich mich jeden Tag auf ein wenig Schokolade, sowie einen
schönen Spruch und ein kleines Geschenk.
25
Grad und Sonne
Gewohnt
vom Dezember ist man in Deutschland nasskaltes Wetter, ab und an auch
Schnee, aber vor allem viel Matsch und Grau. Dass ich es liebe, würde
ich nicht sagen, dennoch gehört es für mich dazu. Vor allem das
wohlige Gefühl nach Hause zu kommen und sich von der Wärme
einfangen zu lassen.
Bei
25 Grad im Schatten und täglicher Sonne mit wolkenfreiem Himmel
sieht das natürlich etwas anders aus. Obwohl dies für einen
Dezember ein super Wetter ist, löste es bei mir aus, dass sich die
„Weihnachtsstimmung“ nur spärlich einschlich. Ich fühlte mich
eher, als wäre weiterhin Sommer. Nie zuvor war ich im Dezember noch
in T-Shirt und kurzer Hose unterwegs gewesen.
Andererseits
muss man jedoch betonen, dass in Mexiko überwiegend ein wüstenähnliches Klima herrscht, was bedeutet, dass es am Tag sehr warm, in der Nacht jedoch
ziemlich kalt werden kann. Demnach war es notwendig, sich in den
Nächten dick einzupacken, da es tatsächlich extrem kalt wurde.
Besonders unter dem Aspekt, dass es weder Heizungen, noch gut
isolierte Wände und Fenster gibt, fror ich ziemlich stark. Selbst
mit vier Wolldecken, mehreren Pullovern und Thermo-Unterwäsche blieb
nicht aus, dass ich mir so die Grippe einfing.
Nach
ein paar Tagen ging diese aber glücklicherweise schnell um und ich
konnte die Sonne wieder in vollen Zügen genießen.
Weihnachtliche
Traditionen
Im
Kindergarten, in dem ich drei bis vier Mal die Woche arbeite, fand
die vorweihnachtliche Stimmung auch ihren Einzug. Wir bastelten
Schneemänner zu Dekoration und ich gestaltete ein Plakat mit
Schneeflocken für die Tür, sowie eine große Leinwand mit einem
Pinguin.
Am
letzten Tag vor den Ferien gab es eine kleine Show, in der die Kinder
einen seit Wochen geprobten Tanz ihren Eltern präsentierten, es eine
Kleinigkeit zu essen und Süßes gab. Zudem wurden Piñatas
aufgehangen und unter Applaus zerstört.
Ich
verbrachte einen Teil der Adventszeit damit, Kekse zu backen und sie
an Freunde und Bekannte zu verteilen. Alle freuten sich sehr und
waren über diese Aufmerksamkeit durchaus erfreut, da sie solches
Gebäck hier nicht kennen. Daneben traf ich mich einen Nachmittag mit
einigen Schülern der Englisch- und Deutschklasse und wir backten
gemeinsam.
Allgemein
sah man überall festlich geschmückte Häuser und Figuren, viele
bunte Lichter und typisch weihnachtliche Bilder. Schnee und alles,
was damit zu tun hat, durfte nicht fehlen. Die Kinder bekamen
Ausmalbilder mit spielenden Personen, die Schneemänner bauen oder
Schneeengel machen. Prinzipiell ähnlich wie bei uns, dennoch habe
ich mich häufig gefragt, warum die Menschen und vor allem Kinder mit
Vorstellungen von Weihnachten aufwachsen, die es hier gar nicht gibt?
Warum hängen überall fröhliche Schneemänner und alle träumen vom
Schnee, obwohl es hier nie schneit? Die eigenen weihnachtlichen
Traditionen Mexikos werden so in den Schatten gestellt und die
Wirklichkeit leicht verzerrt befürchte ich.
Keine
Frage, ich finde es gut, dass den Leuten hier nahegebracht wird, wie
Weihnachten in anderen Ländern aussieht, dennoch sollte man meiner
Meinung nach weniger auf europäische bzw. US-amerikanische Bilder
und mehr auf die eigene Wirklichkeit setzen.
9
Tage 9 Posadas
In
Mexiko fangen am 16. Dezember die so genannten „Posadas“ an,
welche tägliche Feiern sind, die mit der 9. Posada am 24. Dezember
enden.
Grundsätzlich
läuft es so ab, dass man sich am Abend bei einer Familie Zuhause
oder in der Kirche trifft und dort anfängt, den Rosenkranz zu beten.
Ein Altar zu Ehren der Jungfrau Maria steht bereit, welcher daraufhin
bei einer Art Pilgerung mitgenommen wird.
Zusammen
wandert man, singend und betend, macht Halt an anderen Häusern und
bittet um Einlass, bis man schließlich am „Ziel“ ankommt und
sich dort niederlassen kann. Dieser Marsch soll an die Suche von
Maria und Josefs nach einer Herberge erinnern, die aber immer
abgelehnt wurde.
Angekommen
wird das Gebet mit Wunderkerzen beendet und jeder bekommt etwas zu
essen. Typisch sind Tamales und Pozole, sowie Ponche und Atole zu
trinken. Dazu gibt es ab und zu auch Piñatas
oder Süßes für die Kinder. Man bleibt noch ein wenig zusammen, um
zu reden und einen schönen Abend zu haben, bis man nachts wieder
nach Hause geht.
Grundsätzlich
war es eine sehr schöne Erfahrung für mich, vor allem, weil es in
Deutschland diese Tradition nicht gibt und ich hier die Möglichkeit
hatte, sie in sechs verschiedenen Orten mitzuerleben. Da es in jeder
Gemeinde leicht verschiedene Rituale gibt, war es jedes Mal ein neues
Erlebnis. Es war ein schönes Gefühl, mit der Gemeinschaft bei
Kerzenschein und Gesänge in der Nacht zu wandern und den Glauben zu
teilen.
Was
mich jedoch gestört hat, war die geringe Präsenz zu Beginn der
Posadas, als die Rosenkränze gebetet wurden und man sich auf den Weg
machte. Später zum Essen jedoch waren immer unglaublich viele
Menschen anwesend. Die Meisten sind tatsächlich nur wegen des Essens
gekommen, stürzten sich darauf und erkannten das Gebet nicht für
wichtig an. Daraufhin habe ich das Gespräch gesucht und feststellen
müssen, dass dies anscheinend immer so sei.
Dennoch
war es eine schöne Erfahrung und zumindest Einigen konnte man die
Energie des Glaubens anmerken, was ich sehr interessant fand.
Der
24. Dezember
Den
Abschluss der Weihnachtszeit bildet Heiligabend, die Nacht, in der
Jesus geboren wurde. Der Tag verlief für mich zunächst ziemlich
entspannt ab. Um 12:00 Uhr mittags ging ich in Orizabita in die erste
Weihnachtsmesse und sang gemeinsam mit dem Chor. Dabei fiel mir zum
ersten Mal auf, wie schön geschmückt der Altarraum war, was meine
Vorfreude auf den restlichen Tag steigen ließ.
Am
Mittag bekam ich von der Köchin noch einige kleine Geschenke
überreicht und auch ich verteilte Tüten mit Nüssen, Süßem und
Keksen an die Personen im Pfarrhaus.
Für
den Abend durfte ich bei einer befreundeten Familie mitfahren, die
mit ihren Angehörigen in einem anderen Dorf feierte.
Gegen
21:00 Uhr holten sie mich ab und wir fuhren nach „Puerto Dexthi“,
einer Ortschaft von Orizabita, wo ein Großteil der Familie zusammen
war. Angefangen wurde mit Gebeten und Liedern. Darauf folgte ein
Ritual, das bis dahin für mich neu war:
Jeder
stellte sich an, um dem Christuskind in der Krippe einen Kuss zu
geben und sich daraufhin eine Süßigkeit zu nehmen.
Später
wurde gemeinsam ausgelassen gegessen und erneut Piñatas
aufgehangen. Auch ich musste als „güero“ (Hellhäutiger) ran,
was sehr viel Spaß gemacht hat. Die Stimmung war sehr besinnlich,
besonders um 0:00 Uhr als die Raketen gezündet wurden und alle sich
„Feliz Navidad“ wünschten, da nun offiziell die Geburt Jesu
gefeiert wurde.
Einen
Satz, den mir daraufhin die Mutter mit der ich gekommen war, sagte
und mich sehr nachdenklich machte, war:
„Niko, schau mal. In Orizabita ist es nicht so. Da leben die Reichen, die sich in ihre Häuser zurückziehen und unter sich bleiben. Die haben keinen Spaß.
Aber
wir, die Armen, wir sind zusammen und wir haben Spaß.“
Ich
habe viel darüber nachgedacht und war mir im ersten Moment unsicher,
was ich darauf antworten sollte. Dennoch hatte sie Recht, mit dem,
was sie sagte. Schließlich habe ich nur in freudige Gesichter
geschaut. Keiner hatte ein Geschenk bekommen, es war kalt und viele
Kinder trugen nur dünne Jacken, einige waren krank, aber hat sich
jemand beschwert? Nein!
Alle
waren glücklich, weil sie in dieser besonderen Nacht unter ihren
Liebsten waren und sich amüsierten.
Es
hat mir gezeigt, dass es wirklich nicht wichtig ist, an Weihnachten
die tollsten Präsente zu verteilen, es reicht aus, lediglich einen
schönen Abend miteinander zu verbringen. Doch nach wie vor sind
viele Menschen zu materiell eingestellt und vergessen den
eigentlichen Sinn von Heiligabend.
Ich
hatte einen tollen Abend, obwohl ich sehr weit weg war von meiner
Familie. Aber da entgegnete sie mir auch, indem sie sagte, dass sie
meine Familie sind.
Bis
spät in die Nacht blieben wir zusammen und tanzten zu traditioneller
Musik, bis ich gegen 3:00 Uhr in mein Bett fiel und sehr
dankbar über diese Erfahrung war.
In
diesem Sinne hoffe ich, dass alle ein frohes Weihnachten hatten und Alles
Gute für 2018!
Bis
dann
Niko
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